Wärme-/Kältequellen: Geothermie, Eisspeicher, Luft-Wärmepumpe
Diese Seite ist Teil der Dokumentation Bauprojekt HAUS21: ein Haus für das 21. Jahrhundert. Einfamilienhaus mit Büro zum Wohnen und Arbeiten, klimaneutral beheizt und gekühlt, nachhaltig errichtet zur langfristigen flexbilen Nutzung, in wesentlichen Aspekten altersgerecht und barrierefrei.
Ein modernes Haus ist so gut gedämmt, dass die Kühlung fast wichtiger ist als die Heizung. Aus diesem Grund, und natürlich um der Erderwärmung Rechnung zu tragen, sehen wir Heizung und Kühlung als gleichermaßen relevant an und berücksichtigten nur Technologien, die beides ermöglichen.
Geothermie – keine Lösung für die Stadt
Die Grundidee bei der Geothermie (sog. Erdwärme) besteht darin, dem Boden im Winter Wärme zu entnehmen und sie ihm im Sommer wieder zuzuführen. Im Jahresmittel ergibt sich so idealerweise eine ausgeglichene Bilanz. Klingt elegant, funktioniert aber nur auf großen Grundstücken, die in der Stadt kaum verfügbar sind. Zudem sind wasserschutzrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Konkret:
Grundwasser
In Köln ist das Grundwasser (nur) etwa 20-30 m tief. Bohrungen für Erdwärmesonden dürfen die Grundwasserschicht nicht durchstoßen, so dass ein einzelne Bohrung kaum mehr als 20 m tief gehen kann. Für eine Wohnfläche von knapp 300 m2 wurde uns eine erforderliche Bohrtiefe von 200 m berechnet, was auf 10 (!) Bohrungen à 20 m Tiefe hinausliefe. Da die Bohrungen sowohl untereinander als auch zu den Nachbargrundstücken einige Meter Mindestabstand benötigen, muss das Grundstück schon recht groß sein, und man muss es durchlöchern wie einen schweizer Käse.
Es kommt erschwerend hinzu, dass unser Grundstück in einer wasserwirtschaftlich kritischen Zone (3B/3C) liegt. Wie eine Anfrage bei der Stadt Köln ergab, hat der Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Bakterien oberste Priorität. Wärmeentnahme aus dem Boden zum Heizen im Winter wäre möglich, Einbringung von Wärme zum Kühlen im Sommer dagegen nur begrenzt und mit aufwendigem Monitoring. Wenn sich dabei herausstellen sollte, dass die Grundwassertemperatur steigt, würde die Einbringung von Kälte – und damit das Kühlen des Hauses – untersagt. Damit schied die Geothermie für uns (leider) aus.
Nützliche Links
- Geothermie in NRW – Standortcheck: gibt nach Eingabe einer Adresse Auskunft über die Einsatzmöglichkeiten von Erdwärmekollektoren und Erdwärmesonden inklusive Informationen zum geothermischen Potenzial, zu Wasserschutzgebieten und zu Bereichen, die aus hydrogeologischer Sicht ungünstig sind.
- Informationen zur Geothermie der Stadt Köln
Fernwärme und -kälte
Fernwärme kombiniert mit Fernkälte stellt meiner Meinung nach in Städten die einzige Option zum klimaneutralen Heizen und Kühlen von Wohngebäuden (und sicher auch Bürogebäuden) dar. In Kopenhagen schon Realität, ist dies in Deutschland leider noch Zukunftsmusik (ggf. mit Ausnahme von München). Hier wird sehr schnell sehr, sehr viel passieren müssen, das vermutlich kommende Verbot von Öl- und Gasheizungen muss schließlich von Alternativangeboten begleitet werden.
Luft-Wasser-Wärmepumpe
Luft-Wärmepumpen nutzen die Energie der Außenluft. Sie sind jedoch bei tiefen Temperaturen nicht besonders effizient, zudem arbeiten sie nicht geräuschlos: die Ventilatoren können nicht unerhebliche Geräusche erzeugen. Aus diesen beiden Gründen entschieden wir uns dagegen.
Eisspeicher
Funktionsprinzip
Das Grundprinzip ist so pfiffig wie einleuchtend: ein Wassertank mit 10 m3 Fassungsvermögen wird in die Erde eingelassen. Im Winter wird aus dem Tank Wärme entnommen, wobei das darin enthaltene Wasser sich immer weiter abkühlt und schließlich gefriert. Im Sommer wird der mit Kälte aufgeladene Eisspeicher zur Kühlung verwendet, wobei der Prozess umgekehrt wird.
Komponenten: Eisspeicher, Wärmepumpe, Luftabsorber
Der Eisspeicher wird zusammen mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe verwendet, die nicht nur Wärme zum Heizen bereitstellt, sondern auch die Warmwasserversorgung übernimmt. Übers Jahr gesehen ist der Wärmebedarf unter anderem dadurch deutlich höher als der Kältebedarf, dem System muss also Wärme zugefügt werden. Das geschieht über einen Luftabsorber, der Wärme aus der Umgebungsluft aufnimmt.
Anbieter
De facto gibt es in Deutschland nur einen Anbieter für Eisspeichersysteme für Einfamilienhäuser. Viessmann holte sich das Know-How 2011 durch Übernahme des Startups isocal ins Haus.
Nützliche Links
- Eisspeicher bei Viessmann
- Effizientes Kühlen mit Eisspeicher bei IKZ
- Die problemlosere Wärmequelle (Eisspeicher ziehen in den Wohnungsbau ein) bei Waterkotte
Auswahl und Entscheidung
Nachdem sich herausstellte, dass Erdwärme aufgrund von Grundstückgröße und Beschränkungen der Kühlfunktion für uns ausschied, und Luft-Wärmepumpen Nachteile beim Geräusch und der Effzienz haben, landeten wir beim Eisspeicher.
Warum ist der Eisspeicher (bislang) eine Nischenlösung?
Der Grund warum diese Technologie bislang eher selten verwendet wird, liegt vermutlich an den Investitionskosten. Zwar liegen diese in etwa im gleichen Bereich wie bei Erdsonden, aber für den reinen Heizbetrieb verfügen die Erdsonden über ein besseres Temperaturniveau und somit über günstigere Betriebskosten. Der Vorteil des Eisspeichers gegenüber den Erdsonden kommt erst mit der freien Kühlung zum Tragen. Da die meisten Bauherren bei Ein- und Mehrfamilienhäusern aber keine Kühlung vorsehen, fällt die Entscheidung gegen den Eisspeicher aus. Hinzu kommt, dass derzeit vorwiegend Luft-Wasser-Wärmepumpen verbaut werden, da diese in der Investition noch viel günstiger sind (da keine Bohrungen nötig sind). Dass hier die Betriebkosten deutlich höher liegen, interessiert leider vielen Bauherren zunächst nicht.
9 Comments
Hallo,
leider kann ich nicht sehen, von wann der Beitrag ist, ich wollte aber nachfragen, wie die Erfahrungen sind.
Viele Grüße
Matthias
Noch haben wir keine Erfahrungen, das Haus wird voraussichtlich im Frühjahr 2023 fertig.
Hallo,
liegen mittlerweile Erfahrungen vor? Mir wurde heute auch ein Eisspeicher empfohlen. Allerdings von Watterkotte. Ich hatte von dieser Variante bisher noch nicht gehört.
Viele Grüße,
Thomas
Leider gab es (wie so oft) diverse Verzögerungen beim Bau, so dass das Haus noch nicht fertig ist. Ich möchte betonen, dass die Verzögerungen nichts mit dem Eisspeicher oder der Wärmepumpe zu tun haben. Wir sind auch schon sehr gespannt darauf, wie sich das System in der Praxis schlagen wird.
Na denn… 1 Jahr später.
Jetzt wirst du doch sicherlich was zu berichten haben ?
Hallo,
gibt es schon erste Erfahrungen mit der Eisspeicher-Wärmepumpe?
Besten Gruß
Uwe
Noch nicht, aber bald: wir ziehen in wenigen Wochen endlich ein.
Guten Tag,
wie schaut es mit den Erfahrungen aus?
Mittlerweile dürften Sie eingezogen sein und wahrscheinlich noch Warmphase, sowie jetzt erstmalig Kaltphasen durchlaufen haben.
Ich bin gespannt auf Ihren Erfahrungsbericht
Wir sind erst vor kurzem eingezogen (Mitte August 2024). Damals war es sehr heiß. Die Kühlung per Wärmepumpe funktionierte nicht, weil im Eisspeicher mangels vorausgegangener Heizperiode keine Kälte gespeichert war. Jedoch konnten wir das Haus durch die Kombination aus Sonnenschutz (Zip-Screens) und Vorkühlung der KWL-Zuluft auf sehr angenehmen Temperaturen halten.
Die Wärmepumpe versorgt uns zuverlässig mit warmem Wasser für die Badezimmer sowie zum Heizen. Weitere Aussagen kann ich noch nicht treffen, auch mit dem Monitoring der Effizienz konnte ich noch nicht beginnen.